Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung ( EU) Nr.655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer Vorschriften (EuKoPfVODG)
17. Februar 2015Stellungnahme des DGVB vom 17.02.2016
11. März 2016Liebe Nutzer unserer Website,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
immer wenn ein altes Jahr endet und ein neues beginnt, neigen wir Menschen dazu, darüber nachzudenken, was uns denn das neue Jahr bringen wird.
Dies ist auch bei dem Wechsel von 2015 zu 2016 nicht anders, und doch ist dieser Jahreswechsel ein besonderer, denn mit dem Jahre 2016 beginnt auch in der Justiz das elektronische Zeitalter in Form des elektronischen Rechtsverkehrs oder, wie viele es bezeichnen, die „Elektronifizierung“ der Justiz wird eingeläutet werden.
Bis zum Jahre 2020, spätestens 2022, soll die Justiz in verschiedenen Etappen vollständig auf eine elektronische Arbeitsweise umgestellt werden, was naturgemäß große Herausforderungen mit sich bringen wird, die in erster Linie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz auf den verschiedenen Ebenen, vom Wachtmeister bis zum Richter, von den Justizbeschäftigten über Justizfachwirte bis zu den Rechtspflegern zu tragen haben werden, kein Bereich wird verschont bleiben.
Auch das Vollstreckungswesen, auch wir Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher werden hiervon nicht ausgenommen sein, auch wir werden diese Entwicklung mittragen und vor allem mitgestalten müssen. Vielleicht werden wir in einigen Bereichen sogar Vorreiterrollen übernehmen müssen, denn wir arbeiten bereits seit 30 Jahren erfolgreich mit elektronischen Bearbeitungssystemen, die nicht zuletzt durch die Einführung der Reform der Sachaufklärung am 01.01.2013 noch wichtiger geworden und ausgebaut worden sind. Bereits heute wären wir ohne große Umstellungen durchaus in der Lage, eine elektronische Aktenführung in unseren Büros umzusetzen.
Aber der elektronische Rechtsverkehr wird sich nicht nur auf eine elektronische Aktenführung beschränken. Elektronische Titel, ein elektronisches Titelregister, elektronische Zustellungen, ein bundesweites elektronisches Gerichtsvollzieherverzeichnis, elektronische Büro- und Kommunikationsstrukturen werden Schlagworte sein, die nicht mehr in die Kategorie „Utopie“ eingeordnet werden dürfen, sondern die uns, beginnend mit dem Jahr 2016, in den nächsten Jahren mehr und mehr in unserer praktischen Arbeit fordern werden.
Auch der DGVB wird sich diesen Herausforderungen stellen und wir werden unsere Arbeit in den nächsten Jahren zum großen Teil der Fortentwicklung des elektronischen Rechtsverkehrs widmen müssen. Die bisherigen Büro- und Organisationsstrukturen im Gerichtsvollzieherbereich werden sich erheblich wandeln und es ist unsere Aufgabe als die größte Interessenvertretung für die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher in Deutschland, diese Entwicklung konstruktiv zu begleiten.
Wir alle wissen heute noch nicht, wo wir mit unserem Beruf im Jahre 2020 stehen werden, die Weichen hierfür werden aber ab 2016 gestellt werden. Umso wichtiger ist es, dass der DGVB diese Weichenstellung im Interesse unserer Mitglieder mitgestaltet, denn wer weiß besser als wir mit unseren praktischen Erfahrungen, wie der Beruf der Gerichtsvollzieherin / des Gerichtsvollziehers zukunftsfähig ausgestaltet sein muss.
Nicht unterschätzen dürfen wir hierbei die europäische Entwicklung, die von den Zeitabläufen der Umsetzung des elektronischen Rechtsverkehrs her im Gleichschritt geht mit der Zeitplanung in Deutschland. Auch auf europäischer Ebene ist die Zielvorgabe für eine komplette elektronische Bearbeitungsweise in der Justiz das Jahr 2020, spätestens 2022. Bereits heute können in einigen Staaten der Europäischen Union Zustellungen auf elektronischem Weg erfolgen und die elektronische Aktenführung bei den Gerichtsvollziehern wird in Europa bereits vielfach praktiziert.
Wir haben in diesen Bereichen somit bereits Praxisbeispiele in Europa, von denen wir lernen können. Deshalb ist es zu begrüßen, dass sich im Mai 2016 unter dem Schirm der Internationalen Union der Gerichtsvollzieher (UIHJ) eine eigenständige Europäische Union der Gerichtsvollzieher (UEHJ) gründen wird, die sich ausschließlich um die europäischen Belange ihrer Mitgliedsstaaten kümmern soll. Damit wird eine langjährige Forderung des DGVB endlich Realität und wir bekommen eine neue Plattform für eine effektive Zusammenarbeit der Gerichtsvollzieherkammern und –verbände in Europa, an der auch Deutschland sich durch den DGVB in unser aller Interesse stärker als bisher beteiligen sollte.
Wenn wir Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher uns in Deutschland weiter fortentwickeln wollen, wenn wir die Zwangsvollstreckung insgesamt effektiver ausgestalten wollen, dann müssen wir bereit sein, weitere Aufgaben im Zustellungs- und Vollstreckungswesen zu übernehmen. Der Gerichtsvollzieher als unabhängiges Organ der Rechtspflege muss zukünftig mehr denn je im Zentrum der Zwangsvollstreckung in Deutschland stehen.
Hierfür ist eine sachgerechte und qualitativ hochwertige Ausbildung unumgänglich, die sich an dem europäischen Niveau orientieren sollte. Die Mindestvoraussetzung in fast allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union für die Ausbildung von Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern ist unabhängig von der Organisationssystematik ein (Fach-) Hochschulstudium mit mindestens einem Bachelorabschluss. Hieran muss auch Deutschland sich orientieren und es muss in allen Bundesländern eine Hochschulausbildung für Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher eingeführt werden nach dem Beispiel von Baden-Württemberg, wo eine entsprechende Ausbildung zum 01.09.2016 beginnen wird.
Angesichts der zurzeit offensichtlichen oder erkennbaren Nachwuchsproblematik in allen Bundesländern nicht nur im quantitativen, sondern insbesondere im qualitativen Bereich ist eine bundesweite Umstellung der Ausbildung der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher auf ein (Fach-) Hochschulstudium unumgänglich. Wir müssen hierbei neue Wege gehen und es müssen neue Bewerberkreise angesprochen werden. Mit der bisherigen Anwerbungs- Ausbildungs- und Fortbildungsmethodik wird das Gerichtsvollzieherwesen in Deutschland langfristig nicht aufrechterhalten werden können. Die Leidtragenden werden vor allem die Gläubiger sein, die möglicherweise ihren rechtlichen Anspruch auf Durchsetzung ihrer Schuldtitel nicht mehr oder zumindest nicht mehr in einer qualitativ erforderlichen Form werden realisieren können.
Wir sehen, dass das Jahr 2016 ein wichtiges Jahr für die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher in Deutschland werden wird und auf die Verantwortlichen in den verschiedenen Gremien des DGVB auf Bundesebene und in den Bundesländern wird eine Menge Arbeit zukommen.
Diese Arbeit werden wir nur bewältigen können und wir werden die Ziele, die wir uns stecken, nur erreichen können, indem der DGVB als die Interessenvertretung für die deutschen Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher gestärkt wird und in allen Bereichen eng zusammensteht. Hierbei ist Ihre / Eure Unterstützung, liebe Kolleginnen und Kollegen, von besonderer Bedeutung, denn je höher die Zahl der Mitglieder in unseren Landesverbänden ist, desto stärker ist der DGVB insgesamt und desto mehr kann er erreichen.
Hierbei würden wir es uns im Interesse aller Kolleginnen und Kollegen in Deutschland auch wünschen, wieder in allen Bundesländern mit DGVB-Landesverbänden vertreten zu sein, auch hieran werden wir arbeiten.
Lasst uns alle gemeinsam die Herausforderungen der nächsten Jahre angehen und versuchen, das Beste für die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher in Deutschland zu erreichen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen / Euch ein gutes, vor allem gesundes und erfolgreiches Jahr 2016.
Ihr / Euer
Walter Gietmann
Bundesvorsitzender des DGVB